Die Strecke von Shigatse zum Everest Basecamp war spektakulär – landschaftlich wie nervlich. Wir fuhren über eine endlose Zickzackstrasse, die sich in schwindelerregenden Serpentinen auf über 5’000 Meter hinaufschraubte, bevor es wieder etwas runterging – aber nicht genug, um die Luft wieder angenehmer zu machen. Die Höhenluft war brutal. Einige in der Gruppe hatten spürbar Mühe – Kopfweh, Übelkeit, Atemnot. Sauerstoffflaschen waren zum Glück dabei. Theoretisch zur gemeinsamen Nutzung. Praktisch… na ja.

Eine Mitreisende liess sich praktisch dauerhaft von ihrer Flasche begleiten – Selfie hier, Boomerang da – Sauerstoff: immer on, egal ob bei Sprungfotos oder Insta-Stories. Die Rechnung durften natürlich alle gemeinsam tragen. Gruppendynamik auf 5’000 m hat eben ihre eigenen Gesetze.

Am späten Nachmittag erreichten wir das Basecamp, kurz vor dem Rongbuk-Kloster.
Nach unserer Ankunft im Camp gab es zur Stärkung erst einmal Milchtee in der Jurte – wobei „Milchtee“ eher ein heisses Wasser mit einem Hauch Milch war. Wärme war trotzdem willkommen. Dann wurde es plötzlich eilig: Unser Guide Tashi trieb uns an – rauf auf die Ebene, der Mount Everest-Sonnenuntergang stand bevor. Und den wollte niemand verpassen. Oben angekommen, erwartete uns eine wilde Touristenkulisse: Menschen mit Kameras, Smartphones, Stativen, Drohnen – und das grosse Ziel: das perfekte Selfie mit dem höchsten Berg der Welt.

Tashi selbst war nicht zu bremsen. Er rannte von Gruppe zu Gruppe, machte Fotos, Selfies, winkte, dirigierte – ein wahres Energiebündel auf 5’000 Metern. Der junge Mann ist fit. Richtig fit. Und selbst ich, die von den Guides liebevoll als „Swiss Mountain Goat“ bezeichnet wurde – „Um die Schweizer musst du dir keine Sorgen machen, die sind sich Höhe gewohnt!“ – kam an meine Grenzen. Die Kombination aus dünner Luft, Bewegung und Abendkälte war heftig. Aber der Blick auf den Everest im letzten Sonnenlicht… War es absolut wert.

Geschlafen wurde in einer grossen Jurte mit Ofen in der Mitte – und tatsächlich einer Klima-/Heizanlage (wenn auch von sehr begrenzter Wirkung). Es gab rund zwölf Schlafplätze im Gemeinschaftsraum, aber auch ein paar Zweierzimmer mit Heizdecke, die man extra buchen konnte. Warum ich das nicht gemacht habe? Keine Ahnung. Ich wollte wohl die volle Dröhnung der Abenteuers.
Stattdessen: Daunenjacke, Mütze, Handschuhe, zwei schwere Jurte-Decken – und der panische Gedanke, mich ja nicht zu bewegen, um die mühsam erkämpfte Wärme nicht zu verlieren. Draussen: –12 Grad.
Immerhin: kein Wind. Kleiner Trost.

Die Nacht war eine Mischung aus Schlaf, Erstarrung und gelegentlichem Schniefen.
Toilettengang? Natürlich ein Abenteuer: entengleich (eine Frau geht selten alleine auf die Toilette) durch die Kälte, ohne Licht, ohne Wasser – zurück zum Ursprung, oder wie man bei uns sagt: „Zeltfeeling de luxe“. Ich habe es überlebt. Mit unbeschreiblichen Eindrücken. Und natürlich: mit Schnupfen.
